Ohne sie geht im Marathontraining gar nichts: lange, langsame Läufe. Wer sich auf den ersten Marathon vorbereitet, schaut wahrscheinlich etwas sorgenvoll in den Trainingsplan und fiebert dem ersten 30-km-Lauf mit einer Mischung aus Spannung und Respekt entgegen. Warum die langen Läufe so wichtig sind und wie ihr sie am besten absolviert, haben wir Sven Schultz-Bargmann, Diplom-Sportwissenschaftler von der Ausdauerschule by Bunert, gefragt.

Im Trainingsplan stehen ja bald auch lange Läufe. Wie gehe ich die am besten an?

Sven: Die langen Läufe sind in die Trainingspläne als Schlüsseleinheit für den Marathon integriert. Das bedeutet sowohl vor als auch nach einem langen Lauf findet ihr eine Woche mit wenig anderen Belastungen vor. Den langen Lauf selbst solltet ihr so planen, dass ihr entspannt an den Start geht und auch keine Hektik hinterher habt, damit ihr nicht in Zeitnot geratet. Außerdem ist man meist nach einem langen Lauf etwas müde und platt. Das solltet ihr im Tagesablauf bedenken. Meistens bietet sich dafür der Samstag- oder Sonntagmorgen an.

Hast du Tipps, wie ich eine passende Strecke finde und wie ich mich mental darauf einstelle, drei Stunden und mehr zu laufen? Wie halte ich das durch?

Sven: Es ergibt Sinn, eine flache Runde zu laufen, da die Einheit an sich schon recht anstrengend ist. Zudem empfehle ich, eine Runde zu suchen, die man zweimal durchläuft. Das hat den Vorteil, dass ich nach der Hälfte meinen Getränkevorrat auffüllen kann und wenn nötig die Kleidung tauschen oder ein Gel und einen Riegel mit auf die zweite Runde nehmen kann. Ebenfalls helfen kann es, wenn man sich für den zweiten Teil mit jemandem verabredet, der über die anstrengende zweite Runde hilft. Wichtig dabei ist, dass immer der in der zweiten Runde laufende Läufer das Tempo vorgibt. Auch ein Hörbuch und oder gute Musik kann den Lauf gefühlt verkürzen. Hierbei ist aber wichtig, dass ihr trotzdem in eurem Tempo lauft.

Die langen Läufe sind ja essentiell im Marathontraining – würdest du sagen, sie sind die wichtigsten Einheiten? Wie schlimm ist es, wenn ich einen der langen Läufe mal ausfallen lassen muss?

Sven: Gerade für Marathon-Einsteiger sind die Läufe extrem wichtig, um den Körper auf die Belastung und Anforderungen des Marathonlaufs vorzubereiten. Dabei werden der Stoffwechsel und die Muskulatur gleichermaßen an die Belastung gewöhnt. Die Trainingspläne sind so aufgestellt, dass sich ausreichend lange Läufe darin befinden, um gegebenenfalls einen ausgefallenen Lauf zu kompensieren. Sollten mehrere lange Läufe ausfallen, muss man überlegen, ob ein so Marathon noch zu schaffen ist und eventuell den Trainingsplan anpassen, um das Ziel noch zu erreichen. Ein Anfänger sollte vor seinem Marathondebüt vier bis fünf lange Läufe zwischen 30-36 Kilometern absolviert haben.

Außerdem sind die langen Läufe dazu da, eure Laufklamotten und Schuhe zu testen. Hier könnt ihr feststellen, ob irgendwo etwas scheuert, drückt oder euch behindert. Auch die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme solltet ihr während der langen Läufe testen und sehen, was Euch bekommt und was nicht. Die goldene Regel im Rennen heißt, trage und probiere nichts Neues aus, sondern verlass Dich auf das, was Du im Training getestet hast!

Mit welcher Intensität sollte ich einen – sagen wir mal – 30-Kilometer-Lauf angehen?

Sven: Die langen Läufe sollten im regenerativen Bereich begonnen und dann im GA1-Bereich zu Ende gelaufen werden. Am Anfang in konstantem Tempo. Später folgende lange Läufe sind in unseren Trainingsplänen auch durchaus mal als Tempowechsel oder Crescendolauf, um die Läufer noch spezifischer an die Belastung des Marathonlaufs zu gewöhnen.

Wenn ich die langen Läufe im Training so langsam laufe – wie schaffe ich es denn, im Marathon die Geschwindigkeit zu steigern?

Sven: Es ist immer die Frage, ob man in seinem ersten Marathon schon versuchen sollte, das höchstmögliche Tempo zu laufen oder es nicht besser ist erst einmal „einfach nur“ anzukommen. Unsere Trainingspläne sorgen in den langen Einheiten aber durch Tempowechsel und das Crescendo dafür, dass sich die Läufer auch daran gewöhnen, nach vielen Kilometern ein höheres Tempo zu laufen. Außerdem hat man ja durch das Tapering eine Regenerationsphase vor dem Marathon, die wesentlich länger ist als vor den langen Läufen. Dadurch ist der Körper erholter und kann ein höheres Tempo laufen.

Wie lange sollte ich mich nach einem langen Lauf schonen? Hast du Tipps zur Regeneration?

Sven: Das steht in euren Trainingsplänen. Es sollten in der Woche nach einem langen Lauf nur wenige Kilometer gelaufen werden und diese auch nur in langsamen Tempo.
Regenerationsfördernd sind unter anderem Massagen, ein lockeres Ausfahren auf dem Fahrrad, Schwimmtraining (Kraulbeinschlag), wechselwarmes Duschen und Saunagänge – diese aber wegen des erhöhten Flüssigkeitsbedarfs nicht am Tag des langen Laufs und am Tag danach.

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